Freitag, 22. August 2014

Stress am Arbeitsplatz und Diabetes

Stress am Arbeitsplatz und Diabetes - dies ist eine Vermutung seit langem, dass Stress am Arbeitsplatz und Diabetes viel miteinander zu tun haben, es ist aber nie richtig untersucht worden, bis jetzt. Nun ist es bewiesen.

Es ist allgemein bekannt, dass Stress am Arbeitsplatz vielfältige negative Auswirkungen auf die Gesundheit hat. Nachgewiesen sind verschiedene Entzündungsreaktionen im Körper sowie ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und negative Wirkungen auf das Immunsystem. Eine neue Studie des Helmholtz-Zentrums in München (ehemals Max Planck-Institut) konnte jetzt erstmals das erhöhte Risiko an Diabetes Typ 2 zu erkranken, nachweisen. Dies war bisher immer noch umstritten. Die Ergebnisse wurden am 6.8.2014 online vorab veröffentlicht und sind bald in der Zeitschrift "Psychosomatic Medicine 2014" komplett nachzulesen.
Dabei stellten die Autoren fest, dass Personen mit einer hohen Arbeitsbelastung und gleichzeitig niedriger Kontrolle über die verrichteten Tätigkeiten ein um 45% höheres Risiko für Typ 2 Diabetes als Personen mit geringer Belastung am Arbeitsplatz haben. Die Münchner Wissenschaftler haben in Zusammenarbeit mit den Daten der Universitäten Gießen und Marburg 5300 berufstätige Teilnehmer im Alter zwischen 29 und 66 Jahren ausgewertet. Zu Studienbeginn lag bei keinem Teilnehmer Diabetes vor. Nach 13 Jahren wurden 300 Personen mit Diabetes Typ 2 diagnostiziert.
Jeder fünfte Arbeitnehmer war von einer hohen psychischen Arbeitsbelastung betroffen. Besonders dann, wenn nur geringe Handlungs- und Entscheidungsspielräume bestanden. "Angesicht der massiven gesundheitlichen Folgen von stressassoziierten Erkrankungen sollten präventive Maßnahmen gegen Volkskrankheiten wie Diabetes einsetzen", so Prof. Ladwig vom Helmholtz-Zentrum München, die in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Diabetesforschung neue Ansätze für Diagnose, Therapie und Prävention der großen Volkskrankheiten entwickeln. 

Was können wir als TRISANA-Partner daraus folgern? Es geht darum, rechtzeitig und präventiv die Risikofaktoren zu minimieren. Das Metabolische Syndrom ist dabei der größte Feind unserer Gesundheit, denn Bluthochdruck, Übergewicht und Hypercholesterinämie und zu hohe Triglyceridwerte können unsere Blutgefäße und Organe nachhaltig schädigen und zu Diabetes 2 führen. Es gilt deshalb sowohl der psychischen wie auch der körperlichen Ebene gleichgewichtig Aufmerksamkeit zu schenken, um nicht in einen Teufelskreis zu geraten.
Im seelischen Bereich müssen wir darauf achten, dass jede aufgebaute Spannung durch Stress abgebaut wird. Dies kann durch Sport oder auch verschiedene Entspannungstechniken erfolgen. Wenn die innere Unruhe jedoch anhält, sich Schlafstörungen einstellen und ein Gefühl von "ich schaffe es nicht mehr" einstellt, dann sollten Sie bei den ersten Anzeichen TRISANA Concentus Kapseln empfehlen, die dabei helfen, die innere Harmonie wieder herzustellen.

Auf der körperlichen Ebene ist es wichtig, das Gewicht und den hohen Blutdruck zu senken. Für das Gewichtsmanagement steht unser "Shape your body"-Programm zur Verfügung, welches hilft, wieder in Form zu kommen. 5 Kilo weniger Gewicht bedeuten bereits positive Auswirkungen auf den erhöhten Blutdruck. In der Forschung gilt es als unumstritten, dass der Zell- und Energiestoffwechsel neben der psychischen Komponente beim Stress eine große Rolle spielt. Wir empfehlen deshalb auf jeden Fall täglich eine Zusatzversorgung mit PURA VIDA. https://www.dropbox.com/s/zl5yifvh976j0zm/Pura%20Vida.mov Die Zellen dürfen auch bei Stress nicht leerlaufen, denn dann werden die körperlichen Symptome noch schneller sicht- und spürbar.




Zusätzlich sollte das tägliche Glas TRISANA BAS  https://www.dropbox.com/s/h0v30sf8irmne23/BAS%20Trisana%20unter%20Palmen%20Film%20am%2018.08.14%20um%2005.06%20nachm..mov für jeden verantwortungsbewussten Menschen eine schöne Pflicht sein, um mit den Vitaminen B2 und C einem normalen Energiestoffwechsel beizutragen.

Stress ist heute leider eine Volkskrankheit, die von vielen Menschen auf die leichte Schulter genommen wird, bis es zu spät ist. Jeder Mensch ist wichtig - als Mitarbeiter im Unternehmen, als Vater und Mutter der Kinder, als Sohn oder Tochter der älteren Eltern, als Freund oder Freundin, als Partner oder Partnerin und vieles mehr.
Raten Sie sich und allen Menschen rechtzeitig in sich hineinzuhören, um die Symptome richtig zu bewerten. Warten Sie nicht solange, bis das Burnout an die Türe klopft! Und gehen Sie bei länger anhaltenden Verstimmungen zu einem professionellen Therapeuten.


Nach einer Info von Dr. Günther Döllein, wiss. Beirat der Trisana AG

Säure-Basenhaushalt

In Ergänzung zu früheren Auslassungen von mir zum Thema "Säure-Basenhaushalt" in diesem Blog mache ich Sie auf mein neues Video zum Thema aufmarksam, in dem es vor allem auch darum geht, was man praktisch machen kann, um wieder zu einem gesunden Säure-Basenhaushalt zu gelangen.


https://www.dropbox.com/s/h0v30sf8irmne23/BAS%20Trisana%20unter%20Palmen%20Film%20am%2018.08.14%20um%2005.06%20nachm..mov

Herbert Vater
Heilpraktiker

Donnerstag, 14. August 2014

Phasen der Stressbewältigung

Im  Nachfolgenden gebe ich mit freundlicher Genehmigung des Autors Dr. med. Ralph Raben seinen höchst interessanten Artikel wieder, der in der Dt. Ztschr. f. Akupunktur 54, 4/2011 veröffentlicht wurde.


Phasen der Stressbewältigung





Traumaverarbeitung und Akupunktur




Stages of coping with stress
Trauma management and acupuncture


Zusammenfassung



Menschen durchlaufen nach Traumen Phasen der Verarbeitung, die
bestimmte geistig-seelische Fähigkeiten erfordern: Angst, Aggression,
Einsicht, Trauer und Zuversicht. Traumata werden meistens in einem
physiologischen Sinne bewältigt. Sie können aber auch zu einer Trauma-
Störung führen, wenn die Verarbeitung in einer oder mehreren
Phasen blockiert wird. Die Phasen der Stressbewältigung entsprechen
den metaphorischen Begriffl ichkeiten der TCM, die fünf geistig-seelisch-
körperliche Fähigkeiten benennen, die zusammenwirken und einen
Reaktionszyklus bilden.
Zur Ergänzung in der Therapie von Traumafolgestörungen und zu ihrer
möglichen Verhinderung nach bedrohlichen Erlebnissen eignen sich
non-verbale Therapieformen. Das in den 80er-Jahren in New York von
Michael Smith und Mitarbeitern entwickelte NADA-Protokoll ist auch
in der Behandlung von Traumapatienten erfolgreich: Es ist eine niederschwellige,
non-konfrontative und non-verbale Therapiemethode.

Schlüsselwörter



Trauma, Stressbewältigung, Akupunktur, TCM, Non-Verbalität, NADAProtokoll

Abstract


After trauma, people accomplish several stages of coping which require
certain mental abilities: Fear, aggression, insight, grief, and
hope. Traumas are usually coped with in a physiological sense. However,
they may also lead to a trauma disorder if the coping is blocked
at one or more stages. The stages of stress coping correspond to the
metaphoric terms of TCM characterizing the fi ve mento-psycho-somatic
abilities acting together in forming a cycle of reaction.
In addition to the therapies of post-trauma-disorders, as well as in
order to prevent their arising after traumatic life events, non-verbal
forms of therapy are suitable. The NADA protocol, devised in the
1980s by Michael Smith et al. in New York is also successful in the
treatment of trauma patients. It represents a low-threshold, non-confrontative
and non-verbal method of therapy.

Keywords


Trauma, stress coping, acupuncture, TCM, non-verbality, NADA-protocol




Seit 25 Jahren behandle und betreue ich drogenabhängige Schwangere,
Mütter und ihre Kinder. Das ist neben Akupunktur ein Schwerpunkt in
unserer gynäkologischen Gemeinschaftspraxis. Wir haben für die zum
Teil schwierigen Patienten nach passenden Therapiekonzepten gesucht
und sind durch unsere amerikanischen KollegInnen auf die akupunkturgestützte
„Behandlung nach dem NADA-Protokoll“ [1] aufmerksam
geworden. Das führte dazu, dass wir seit 1996 Patientinnen diese Art
von Ohrakupunktur anbieten und dabei in Verbindung mit einer psychosozialen
Betreuung Besserungen registrierten, die wir zuvor so nicht
kannten [2]. Die Akzeptanz von Ohrakupunktur ist allerdings nur dann
gut, wenn sie in einem defi nierten „setting“ stattfi ndet [3]. Die Schwangerschaften
verlaufen besser, die Neugeborenen profi tieren davon und
die Rehabilitation wird erleichtert. Dadurch können Mütter besser als
früher ihre Kinder zuverlässig versorgen. Aber durchaus nicht immer.

Trauma und Traumaerkrankung



Im Laufe der Jahre habe ich von unseren Patientinnen etwas über traumatisches
Erleben erfahren: Über Angst und Wut, Hilfl osigkeit und
Selbstzerstörung nach Gewalterlebnissen. Und über die Entstehung von
posttraumatischen Störungen der seelischen und der körperlichen Gesundheit.
Schockierend erlebte Gewalt kann in einem Organismus zur
Quelle chronischer, manchmal tödlich verlaufender Erkrankung wemanchmal auch falsche, verletzende und absolut respektlose Behandlung
durch Ärzte oder Therapeuten. Gewalterfahrungen können, müssen
aber nicht, später zu einer Erkrankung führen.
Fast jeder Mensch hat in seinem Leben traumatische Erlebnisse. Er
leidet eine Zeit lang unter ihnen und verarbeitet sie. Sie werden zu
einer „bitteren“ Lebenserfahrung, aber führen nicht zu einer andauernden
schweren psychoformen oder somatoformen Störung. Mancher
geht sogar gestärkt daraus hervor. Möglicherweise hat er die Situation
subjektiv als weniger bedrohlich wahrgenommen oder seine seelischgeistig-
körperliche Widerstandskraft (seine „Resilienz“) ist stark genug
[4]. Einige aber verarbeiten – warum auch immer – das schwere oder
insbesondere wiederholte Trauma nicht. Wir sehen in der Praxis als
Patientinnen eben diese, bei denen es nicht gut ausgegangen ist. Etwa
die Hälfte der Frauen mit sexueller Gewalterfahrung entwickelt später
eine Traumaerkrankung mit den verschiedensten körperlichen und
seelischen Auswirkungen. Das sind nicht wenige. Das Trauma bleibt
dann „virulent“, weil es nicht verarbeitet wurde, und führt in der Folge
zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTSB).


Traumatisierung macht schwach und krank



Schwere und/oder wiederholte körperliche oder seelische Gewalterfahrungen
spielen bei vielen unserer Patienten mit psychischen Störungenrden.
Solche Traumata sind zumeist als lebensbedrohlich erlebte Ereignisse
mit körperlicher, sexueller oder seelischer Gewalt. Meistens sind
sie durch Menschen hervorgerufen, und unsere Patientinnen waren
meistens schon in der Kindheit und Jugend davon gezeichnet. Traumata
mit Folgen können aber auch schwere Unfälle mit Versehrung sein
oder Naturkatastrophen durch Erdbeben oder Wirbelstürme. Und  eine Rolle. Bei den meisten drogenabhängigen Patienten führte wiederholte
nicht verarbeitete Traumatisierung zu den bekannten deletären
bio-psycho-sozialen Folgen, und zwar nicht nur zu seelischen Störungen,
sondern auch zu somatischen Krankheitsbildern. Depressive Störungen,
therapieresistente Schmerzzustände ohne Organbefund oder
rezidivierende Infektionen mit schwersten Entzündungen können folgen.
Sogar die Wundheilung ist bei solchen Patienten schlechter. Traumatisierte
suchen oft viele Ärzte auf. Es kommt zu frustranen Therapien
und Therapieabbrüchen. Therapeutische Aktionen werden oft als nicht
respektvoll und sogar verletzend erlebt. Die Patienten sind den üblichen
verbalen Therapien, Psychotherapien schwer zugänglich, Therapeuten
fi nden schwer Zugang zu ihnen. Ihre therapeutische „Adhärenz“ gilt als
schwach. Sie sind misstrauische, schwierige Patienten.
Nicht gelungene Traumaverarbeitung kann den Organismus einer Person
dauerhaft blockieren und nachhaltig seine Kräfte lähmen: Die Kräfte des
Widerstandes, der Abwehr, der Verarbeitung, der Trauer und in der Folge
den gesamten Lebensmut. Die statistische Lebenserwartung nach PTSB
sinkt. Suizide, Unfälle und schwere Erkrankungen sind bei Traumatisierten
in der Folge wesentlich häufi ger als im Durchschnitt Gleichaltriger.
Alles Psycho? Nein: Das Trauma bleibt unverarbeitet im Hirnstamm, es
bleibt im Körper, die Patienten sprechen nicht drüber: Weil die Erinnerungsbilder
„zersplittert“ sind, dissoziiert oder weil sie sich maßlos schämen
oder auch die Täter decken wollen. Dem Arzt bleibt die wesentliche
Quelle einer „therapieresistenten“ Störung verborgen.

Stressbewältigung und Verarbeitung



Auf ein bedrohliches Ereignis reagiert unser Organismus in typischer
Weise: Zuerst alarmierende Angstreaktionen, aggressive Impulse zur
Abwehr oder Flucht, danach Verarbeitung und „Verdauen“ des Erlebten,
schließlich Trauerreaktionen und Wiederherstellung des Lebensmutes.
Und der Zuversicht.
Wir durchlaufen, schneller oder langsamer, fünf Phasen der Stressbewältigung.
Dafür stehen uns körperlich-emotionale Grundfähigkeiten
zur Verfügung. Wenn das Ereignis nicht adäquat verarbeitet wird,
bleibt der Schock lange im Körper. Der Körper scheint nichts zu vergessen.

1. Angst. Zunächst kommt es zum „arousal“, zum Alarm: Die Ausschüttung
von Adrenalin und Noradrenalin aus der Nebennierenrinde
macht uns wach und die Cortisolausschüttung aus dem Nebennierenmark
widerstandsfähiger [5]. Das führt zu sympathikotonen
vitalen Überlebensreaktionen: Beschleunigung des Herzschlags, Steigerung
des Blutdrucks, Fokussierung des Gesichtsfeldes, Steigerung
der Durchblutung der Kampf- und der Fluchtmuskulatur, Steigerung
der Durchblutung des Herzens, der Nieren und Nebennieren, Beschleunigung
der Nervenleitung. Dafür werden momentan unwichtigere
Funktionen wie Verdauung, Farbensehen oder Lust- und Sexualfunktionen
gebremst. Angst ist zwar ein unangenehmes Gefühl, ist
aber gleichzeitig die elementare Fähigkeit unseres Organismus, um
Gewalt – die Begegnung mit dem „Säbelzahntiger“ – zu überleben.
Die unteren Hirnabschnitte wie Thalamus und Mandelkern werden in
ihren Fähigkeiten zur Reizerkennung, Reizleitung und Reizantwort
optimiert, damit der Organismus auf dem schnellsten Weg fl üchten
oder kämpfen kann. Die schnellen primitiven Nervenbahnen werden
bevorzugt, die langsamen Großhirnfunktionen werden abgeschaltet.
Die Großhirnfunktionen, die der späteren nachhaltigen Erinnerung
und Verarbeitung des Erlebten dienen könnten, kommen nicht zum
Zug. Dem Traumatisierten entstehen daraus später „Splitterbilder“,
Erinnerungslücken, falsche Verknüpfungen. Er bringt das Erlebte
nicht mehr zusammen, es verfolgt ihn mit „fl ash backs“. Vernetzung
und Verarbeitung im Großhirn wäre zwar wünschenswert für ein
nachhaltiges, auch sozial ausgerichtetes Lebensbewusstsein des
Überlebenden, solche Hirnfunktionen und Nervenbahnen sind aber
zu langsam. Um den Angriff des Säbelzahntigers zu überleben, werden
in der Akutsituation Nachteile für das spätere psychosoziale Leben
in Kauf genommen [6]. Die erste vegetative Maximalerregung
leitet die lebensentscheidende Phase 2 ein: Abwehrreaktion durch
Flüchten oder optimierte Fähigkeit zum Kämpfen.

2. Aggression. Für Flucht oder Kampf braucht der Organismus schnelle
Entscheidungskraft, Mut, Augenmaß für die Situation, geschmeidige
Geschicklichkeit, Reaktionsgeschwindigkeit und Muskelkraft. Wer das
nicht hat, dem gelingt das Überleben mitunter noch durch „sich tot
stellen“, das sog. Freezing [6]. Katzen kämpfen oder fl üchten optimal.
Wer Phase 1 mit Angstreaktionen überlebt hat, braucht jetzt seine
aggressive Kraft gegen den Aggressor, um Phase 2 zu bestehen. Phase
1 und 2 dauern meist nicht lange. Ob ich bestehe oder überlebe ist
relativ schnell entschieden. Wer Opfer menschlicher Gewalt ist, spürt
jetzt nach der ersten Angst die Wut, wenn er überlebt hat. Wut gibt
Kraft, sich zu wehren oder wegzulaufen. Wenn den Angegriff enen
seine aggressive Kraft verlassen hat oder er hilfl os dem Aggressor
gegenüberstand (z. B. als Kind, in aussichtsloser Situation), verschlägt
es dem Opfer meistens auch die Sprache. Es kann sich nicht mehr
über das Trauma äußern. Die Unfähigkeit zur adäquaten Gegenwehr
oder Wutäußerung hinterlässt dann bleibende Lebensgefühle von
Hilfl osigkeit, Wertlosigkeit und von Scham. Das Opfer schämt sich
wegen erlittener erniedrigender Gewalt: „Ich kann nichts, und ich bin
nichts wert.“

3. Verstehen und Einsicht. Wer Phase 2 physisch überlebt hat, braucht
in der Folge verarbeitende Fähigkeiten, um das stressende Trauma
auch geistig-seelisch gesund zu überleben. Es geht darum, das Geschehene
zu verstehen und es in ein inneres Bild von sich, seiner Familie
und der Welt zu integrieren. Ich kann das Erlebte schließlich
betrachten und einordnen. Das Ganze ist ein „Verdauungsprozess“
und der Traumatisierte versteht, dass das Trauma vorbei ist. Es verliert
dadurch nach und nach an Kraft und „Virulenz“ und überschwemmt
den Organismus bei ähnlichen Situationen nicht mehr mit den Schreckensbildern
(„fl ash backs“). Dieser Prozess der Verarbeitung und des
Verstehens braucht Zeit. Aus Erfahrung kann einer klug werden. „Was
folgt daraus für mich?“ „Warum gerade ich?“ „Das passiert mir nicht
noch einmal.“ Dafür bedarf es gewisser Klugheit und Verstandeskraft.
Wer älter ist, ist oft besser dran. Man sagt von jemandem, dem das
off ensichtlich nicht gelang, bei dem der Verdauungsprozess anscheinend
nicht erfolgreich war, in banalisierender Alltagssprache: „Das
hat der wohl nicht verdaut.“ Diese 3. Phase gelingt vielen nicht. Sie
bekommen die Bilder nicht zusammen. Sie bleiben am Trauma hängen:
Das fortwährende Grübeln darüber ist der misslingende Versuch
es zu verstehen. Sie leiden unter Störungen von Magen-Darm, unter
Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen, schließlich Störungen des
Körperbildes – zu dick oder zu dünn. Es gelingt ihnen nicht mehr, gut
für sich zu sorgen, sich gut zu ernähren, um daraus neue Kraft zu
schöpfen. Alles wird schwierig. Es wäre gut, wenn sich der Traumatisierte
in einem geeigneten therapeutischen Setting alles von der Seele
reden könnte. Auch nach gelungenem „Verdauungsprozess“ ist der
Organismus aber noch nicht wieder frei vom Trauma. Es muss ihm
noch gelingen, die Virulenz des traumatischen Erlebnisses loszuwerden.
Dafür haben wir die Fähigkeit der Trauer.

4. Trauer. Ich fühle und realisiere schließlich, dass ich an dem Erlittenen
tatsächlich nichts ändern kann. Es ist unwiederbringlich geschehen,
ich habe es zwar überlebt, es hat Wunden hinterlassen, ich habe es verstanden, bin vielleicht sogar klüger geworden und habe das Trauma
als Schreckenserfahrung angenommen. Ich trauere darüber: Der
Prozess ist Arbeit. Er ist schmerzlich, aber ich kann die Erinnerung an
das Trauma zulassen, eventuell laut oder leise beweinen. Mit der
Trauer gebe ich die Fesselung an das Erlebte und die Macht, die das
Erlebte über mich hat, nach und nach ab. Trauer führt zur Befreiung.
Das kann dauern, und es gelingt oft nicht. Dahin möchten Therapeuten
mit ihren Patienten kommen. Trauern heißt auch weggeben, was
verbraucht ist, damit etwas Neues entstehen kann, so, wie ich Tränen
„vergieße“. Manchmal kann das Opfer einem Täter vergeben oder beide
söhnen sich aus. Aber das ist die Ausnahme. Man sagt auch, Trauer
macht das Herz wieder frei, damit es für etwas Neues im Leben
empfänglich wird und nicht mehr traumatisch „gebrochen“ bleibt. So
beschreiben wir noch die fünfte Fähigkeit.

5. Lebensmut, Zuversicht. Wenn das Trauma verarbeitet wird, geht der/
die Überlebende aus der Situation zwar gestresst, aber lebend und
möglicherweise gestärkt und mutiger hervor. Er hat bessere Chancen,
wenn er auf bedrohliche Situationen vorbereitet ist, er ähnliche Situationen
bestanden hat, er in „stabilen“ Lebensstrukturen (Familie, Beruf,
Dach überm Kopf) lebt, wenn er schon älter ist und klüger, wenn
er eine gute Resilienz [4] hat. Er erzählt von seinem Erlebnis, wie er
„den Säbelzahntiger“ besiegt hat oder ihm entrinnen konnte, atemlos,
aber froh am Leben zu sein. Er behält seine Sprache, sie überhöht sogar
seine positive Überlebenserfahrung. Der Lebensmut ist nicht gebrochen.
Der Überlebende bekommt seine grundsätzliche Zuversicht
zurück. Konnte die Patientin den Schock der Gewalt nicht verarbeiten,
verliert sie typischerweise ihre Fähigkeit und ihr Bedürfnis sich
sprachlich mitzuteilen. Es „verschlägt ihr die Sprache“, und sie wird
auch durch Worte kaum mehr erreichbar sein. Das ist die Erfahrung
von Ärzten und Therapeuten, von Angehörigen und Freunden: „Der/
die ist jetzt so anders.“ Traumatisierte sind herkömmlichen therapeutischen
sprachlichen Interventionen gegenüber oft ablehnend und ziehen
sich zurück. Als wenn etwas innerlich zerbrochen ist: Lebensmut,
Zuversicht, ein Teil der grundsätzlichen Freude am Leben zu sein.

Traumastörungen schwer behandelbar



Seitdem Traumatisierung ein beachtetes medizinisches Thema geworden
ist und seitdem wir wissen, wie viele Kinder Opfer verschiedenster Traumatisierung
sind, werden neue therapeutische Ansätze entwickelt, z. B.
die narrative Exposition [7]. Nach einem Trauma sind „Überlebende“ oft
gutgemeinten sprachlichen Interventionen gegenüber „taub“. Worte erreichen
sie nicht, sie möchten nicht über ihr Trauma sprechen und lehnen
die therapeutischen Angebote ab. So werden akut Traumatisierten
oft Benzodiazepine gegen die innere Unruhe und Schlafstörung verschrieben,
um sie als Erste-Hilfe-Therapie zu beruhigen. Nicht selten
bleibt es dabei. Und möglicherweise können diese Stoff e sogar eine adäquate
Verarbeitung stören. Früher suchtkranke Patienten werden nach
traumatischen Erlebnissen oft rückfällig oder leiten selbst eine Therapie
mit Beruhigungsmitteln ein.
Aber auch für Patienten, die Monate nach dem erlebten Trauma eine
posttraumatische Belastungsstörung mit heftigen körperlich-seelischen
Symptomen entwickeln, sind herkömmliche verbale psychotherapeutische
Aktionen wenig eff ektiv. Jedenfalls ist die Akzeptanz
schlecht. Worte und verbale Interventionen werden oft abgelehnt, als
wertlos oder sogar als respektlos empfunden. Therapieabbrüche sind
häufi g, die „Adhärenz“ ist schlecht.
Traumatisierte erleben – scheinbar aus heiterem Himmel – „zersplitterte
Bilder“ aus ihrem früheren Traumaerleben als „fl ash backs“, und das
bei Anlässen, die nur bruchstückhaft an Erlebtes erinnern. Sie bringen
das, was sie erlebt haben, nicht mehr zusammen zu einem vollständigen
Erinnerungsbild. Gehirnregionen, die zusammenarbeiten sollen,
sind „dissoziiert“, gleichsam als neuropathologischer Tribut fürs Überleben.
Eine spezifi sche Pharmakotherapie gibt es nicht. Und es scheint
schwer zu sein, mit diesen „komplizierten“ Patienten das richtige Maß
von Nähe und Abstand in der Therapie zu fi nden und Vertrauen zu
gewinnen. Traumatisierte misstrauen Worten. Sie wollen Unterstützung,
aber eher nicht sprachlich. Und sie geraten leicht mit dem therapeutischen
Personal in Konfl ikte, typischerweise über sprachlichen
Kontakt. Dennoch wollen und brauchen sie Unterstützung.

Non-verbale Interaktionen oft erfolgreich



Einen anderen Zugang zu akut und chronisch Traumatisierten bieten
non-verbale Interaktionen, die Traumatisierte zunächst nicht befragen,
nicht off en oder verdeckt zu Gefühlsäußerungen ermuntern wollen, sie
nicht konfrontieren mit dem Geschehenen, sondern sie ohne Konfrontation
behandeln. Die Kunst des Zugangs zu diesen Patienten besteht
in der Gestaltung eines Behandlungsstils mit respektvollem Abstand
und respektvoller Nähe. Grundsätzlich können die Formen non-verbaler
Interaktion verschieden sein: haptisch, akustisch oder visuell wie
z. B. bei der Technik des EMDR [8].
Auch Akupunktur funktioniert nicht wie ein Medikament und nicht mit
Worten. Es gibt bereits hinreichend Erfahrungen und auch eine Reihe
guter Studien (RCT), dass sie z. B. in der Behandlung von Depressionen
eff ektiv ist [9], ohne unerwünschte Nebenwirkungen hervorzurufen –
bei guter Akzeptanz. Und es gibt bereits umfangreiche Erfahrungen über
die Wirksamkeit nach akutem Trauma und in der stabilisierenden Behandlung
von PTSB-Patienten, Kindern und Erwachsenen.
Sie muss diesen allerdings in angemessener Weise angeboten werden
[10]. Angemessen heißt annehmbar und respektvoll. Das Besondere ist
der Behandlungsstil: Strukturiert, durchschaubar, einfach, in der Gruppe,
wenig verbal und non-konfrontativ [11]. Die Behandlung nach dem
NADA-Protokoll hat sich dabei bewährt. Sie berücksichtigt, dass viele
Worte leicht zu Auseinandersetzungen führen können, zu Ablehnung
und oft nicht als hilfreich erlebt werden.

Akupunktur und TCM



Eine solcherart verstandene Medizin sieht Gesundheit nicht als einen
Zustand an, sondern als eine Fähigkeit des Organismus zur permanenten
Regulation aller vegetativen, körperlichen und seelischen Ungleichgewichte.
Durch Aktivierung seiner inneren und äußeren Ressourcen
ist er ständig dabei, die aus dem Gleichgewicht geratenden
Grundfunktionen wieder ins Lot zu bringen. Bildliche Terminologie:
„Qi fl ießt wieder, neues Qi kann entstehen.“
Nach der Lehre der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) sind es
fünf geistig-seelisch-körperliche Fähigkeiten, die zusammenwirken
und einen Reaktionszyklus bilden.
Diese fünf Grundfähigkeiten haben in der TCM fünf Organnamen bekommen:
Niere, Leber, Milz/Magen, Lunge und Herz. Sie stimmen mit
den geläufi gen anatomischen Namen und Vorstellungen über ihre
Funktion nicht überein. Gesunderhaltung des Organismus, Stressverarbeitung
und Stressabwehr auf seelischer wie auf körperlicher Ebene
hängen von ihrem jeweiligen Zustand ab und vom adäquaten Reaktionszyklus.
Die vitale Abwehr von Traumatisierung und ihre Verarbeitung
sind ein gutes Beispiel für die medizinisch andere, alte Klugheit
dieser Betrachtungsweise. Sie passen aber zu modernen Erkenntnissen
über die Traumatisierung von Menschen. Abgesehen davon wird Akupunktur
von Betroffenen als einfache und risikoarme Behandlungsmethode
gut angenommen.

Theorie und Praxis der TCM:


Die Funktionskreise zur Stressverarbeitung



Der Organismus reagiert grundsätzlich mit seinen fünf Grundfähigkeiten
auf jede Störung, die von außen kommt und ihn aus dem Gleichgewicht
bringt. Er ist ständig dabei, den „Qi-Fluss“ in Gang zu halten. Im Folgenden
also noch einmal der Reaktionszyklus (siehe oben) mit den Phasen 1–5 und
jetzt die Rolle der fünf TCM-Funktionskreise bei Abwehr und Verarbeitung
eines Traumas. Gelingt der Zyklus, kann das Trauma überwunden und
verarbeitet werden: es kann „ausgeschieden“ werden, und es verliert seine
„Virulenz“ für das spätere Leben. Gelingt der Zyklus nicht, bleibt das Trauma
als seelisch-körperliches Pathogen im Körper, blockiert die Bildung und
den Fluss von neuem Qi: das Trauma beeinträchtigt dann die körperlichseelische
Gesundheit dauerhaft, obwohl der Organismus überlebt hat.
Akupunktur als Medizin hat hier die Rolle, die Fähigkeit der fünf Funktionskreise
anzuregen, wieder „in Fluss zu bringen“ und zu stärken, damit der
Traumatisierte sein Erlebnis verarbeiten kann, seine Zuversicht zurückbekommt,
neuen Mut gewinnt und die „Herzfunktion“ wieder stark und frei
wird. Es geht bei dieser Medizin immer darum die „Ressourcen“ des Patienten
zu stärken. In Abbildung 1 ist der Reaktionszyklus der fünf „Organe“
oder Funktionskreise dargestellt: Niere, Leber, Milz/Magen, Lunge. Das
„Herz“ ist mit seinen Funktionen immer betroff en, daher steht es im Zentrum.
Wenn die fünf Organe reagieren können, wird das Trauma – wie meistens
– verarbeitet, wenn es Blockaden gibt, entstehen Traumastörungen.

1. Angst und „Niere“. Vitale Überlebensstrategien betreff en zunächst
die innerste Schicht des Organismus, die Funktionen der Niere. Dort
wird grundsätzlich die gesamte zur Verfügung stehende Kraft gespeichert
(Wasserniere), und von der Niere gehen die Schubkräfte
zur Aktivierung der anderen Funktionskreise aus, also auch die erste
Vitalreaktion nach dem Angriff (s. o.), das „arousal“ (Feuerniere).
Westlich entspricht das ziemlich genau der Funktion der Nebennieren
(Rinde und Mark). Der Organismus wird hellwach, aktiviert alle
anderen Funktionen schnell und stark. Weitere Nierenfunktionen
sind Schöpfung neuer Kraft, auch Willenskraft, Kraft zur Regeneration
und auch zur – vitalen – Erhaltung der menschlichen Art durch
die Kraft zur Fruchtbarkeit. Wenn dieser Funktionskreis beschädigt
wird oder in Schwäche gerät, erlahmt und ermüdet der ganze
Mensch, und aus der Fähigkeit zur Angst wird die permanente
Ängstlichkeit einer Person. Dann führen auch schwache äußere
Stressoren schon zu Überlebensreaktionen der Niere, verbrauchen
ihre Energie ohne Nutzen und schwächen sie zusätzlich. Prinzip:
„Ein schwaches Yin kann das Yang nicht halten.“ Die Niere soll eigentlich
auch dem Funktionskreis Herz die nötige Kraft für seine
vitalen Funktionen zuführen: neues Qi, Zuversicht und Lebensfreude
entstehen. Die Niere gibt weiterhin ihre Impulse an die Leber, damit
der Organismus auch praktisch und nach außen gerichtet reagiert.

2. Aggression und „Leber“. Die Leberfunktionen sind Beweglichkeit,
Abwehr von Gefahr durch Kampf oder auch Flucht, sie sorgt für die
nötige Geschmeidigkeit der Muskulatur. Die geistig-seelischen Fähigkeiten
sind Entscheidungskraft und genügend Aggressivität. Die Leber
dient damit der adäquaten Abwehr des Angriff s. Die aggressive Fähigkeit
muss stark genug sein, um das Ich zu retten. Eine gesunde „Leberfunktion“
kann sich den Aggressor mit der angemessenen Reaktion
vom Leibe halten: „Hier bin ich und da bist Du.“ Wenn es aber nichts
zu kämpfen gibt, weil kein Gegner da ist (Naturkatastrophe) oder das
Ich zu klein oder machtlos ist (Kindheit, Krieg, Chancenlosigkeit), wird
die Leberfunktion blockiert und geschwächt. Das kann zu Blockaden
in der Muskulatur führen, Unfähigkeit zu adäquater Aggressivität und
später zu sinnloser Wut und Zorn. Die „Leberschwäche“ führt später
zu Spannungsschmerzen, Zornausbrüchen, andauernder emotionaler
Instabilität, Stauungsgefühlen. Nichts fl ießt mehr: Emotionen und
Muskulatur werden rigide. Chinesische Diagnosen lauten: Leber-Qi-
Stagnation, Leber-Yang-Exzess mit Hitze, Unruhe, Schlafl osigkeit
und späterer Blässe, Leber-Blut-Mangel, Müdigkeit, Erschöpfung.
Bei erfolgreicher Überwindung des Traumas mit guter „Leberfunktion“
kann die Flexibilität des Überlebenden sogar noch besser werden,
die Überlebensfreude lässt die Emotionen frei fl ießen, und in
der Folge werden das „Herz“ und der Mut gestärkt („Löwenherz“).

3. Verstehen, Einsicht, „Milz und Magen“. Der Funktionskreis „Milz-
Magen“ hat die Aufgabe alles, was in den Menschen gelangt, gut zu
verarbeiten, um schließlich daraus neue Kraft zu schöpfen. So wie die
Nahrung verdaut werden muss, werden auch Sinneseindrücke, Erlebnisse,
Stresssituationen und Traumata verarbeitet und verdaut. Wenn
die Verarbeitungsfähigkeit stark ist, können auch Erlebnisse von Not,
Bedrohung, Verletzung, Enttäuschung, Hilfl osigkeit, Angst und Wut
„verdaut“ werden. Ein eher längerer Prozess. Es kann eine Lebenserfahrung
daraus werden, die einen klüger macht, um die nächste Situation
besser zu bestehen oder erst gar nicht hineinzugeraten. Der Prozess der
Verarbeitung gelingt oft nicht. Wenn keine adäquate Verarbeitung gelingt,
entsteht kein neues „Milz-Qi“. Man „kaut“ ewig darauf herum.
Auf Dauer bedeutet das Grübelei und Traurigkeit, möglicherweise auch
Depression. Diese Frustration aus „Milz- und Magenschwäche“ lähmt
die weitere Verarbeitung, und damit bleibt das Trauma im Körper, es
wird „nicht verdaut“.
Die Verdauungsfunktion ist nach TCM in der Mitte des Körpers lokalisiert,
eben da, wo – westlich gesehen – auch das Zentrum des Vegetativums
ist (z. B. der plexus solaris). Der darauf folgende Funktionskreis
im Reaktionszyklus heißt „Lunge“.

4. Trauer und „Lunge“. Die Fähigkeit der „Lunge“ ist nach TCM, Verbrauchtes
oder „Trübes“ auszuscheiden, Distanz davon zu schaff en,
Schädliches oder Überfl üssiges durch Atmung zu eliminieren. Sie ist
ein körperliches und seelisches Ausscheidungsorgan, ein „Entgiftungsorgan" Ein Trauma, das überlebt, verstanden und verarbeitet wurde,
kann durch die Fähigkeit der Lunge aus dem Körper eliminiert werden.
Das Ziel des Reaktionszyklus ist es, das was schädlich geblieben ist,
loszuwerden, damit anschließend etwas Neues entstehen kann. Durch
die letzte Phase einer erfolgreichen Traumaverarbeitung bekommt der
Organismus auch nach TCM schließlich Distanz zum Erlebten. Dabei
spielen schließlich auch verbale Therapien (Zulassen, Aussprechen,
Beweinen, Hinter-sich-Lassen) eine große Rolle. Die autonomen Störungen
lassen nach. Die Hitze des Traumas ist abgekühlt. Nachdem es
verarbeitet wurde, kann es abgegeben, und schließlich mit einem
„Seufzer der Erleichterung“ ausgeschieden werden. Diese Fähigkeiten
zur Ausscheidung, Distanzierung, Reinigung und Klärung und damit
zum Neubeginn gibt es nur, wenn die „Lunge“ stark genug ist. Das ist
dann im eigentlichen Sinne ein Trauerprozess. Der kann lange dauern.
Bei Dissoziation und Zyklusabbruch werden Trauer und Abschluss
nicht möglich. Viele PatientInnen konnten nie trauern, auch nicht
weinen über die Folgen des Gewalterlebnisses.
Ein Schock, der zu Beginn das Innerste (die Niere) angreift und
schwächt, kann alle weiteren Prozesse im Verarbeitungszyklus blockieren
(Stagnation). Daher schaff en manche Patienten nach früheren
Traumatisierungen keinen Neuanfang. Sie bleiben hängen, bleiben
stehen auf der seelischen Entwicklung zur Zeit der
Traumatisierung, bei der Erfahrung wiederholter Gewalt z. B. als
Kind, in der Pubertät oder im Krieg. Die „Lunge“ zu stärken, Trauer
zu ermöglichen, ist also ein wichtiger Aspekt der Traumaverarbeitung
und der Genesung. Der Prozess der Vergebung wird erst durch
Trauer ermöglicht und gelingt oft nicht.

Abb. 2: Ohrakupunktur: Fünf
„Areale“, die beim NADAProtokoll
behandelt werden
(beidseits).
5. Lebensmut, Zuversicht und „Herz“. Das „Herz“ hat mit seinen

Funktionen in der TCM eine Sonderstellung (Abb. 1). Es ist gewissermaßen
das Zentralorgan des Menschen. Es ist Sitz des Geistes,
seiner Seele und sämtlicher Emotionen. Damit ist es auch nach TCM
der Motor des Lebendigen. Das Herz „sieht“ alles und registriert
alles, was passiert. Es wird von den anderen vier Organfunktionen
immer direkt geschwächt oder gestärkt. Es ist bei Verletzungen oder
Bedrohungen immer betroff en, hat aber die Stärke, hoff nungsvoll
und voller Lebensmut zu sein. Es hat nach TCM die Grundfähigkeit
zur Freude. Das heißt z. B. trotz aller Schrecken des Lebens weiterzumachen,
weiterzuleben. Das „Herz“ hat eine ganz besondere Fähigkeit
im Menschen, es öff net sich über die Sprache. Umgekehrt
erkennt der Arzt an der Sprache seines Patienten den Zustand des
(chinesischen) Herzens.
Überwindung eines Traumas durch starke „Nierenfunktion“ und
„Leberstärke“ erkennen wir an dieser Herzfunktion, der Sprache.
Der Kämpfer erzählt von seiner mutigen Tat oder auch von seiner
Niederlage oder Flucht. Wenn er alles gut überstanden hat, schämt
er sich nicht, er wird nicht sprachlos und verschlossen. Das spätere
Gefühl von Scham wird von Patienten nach Traumatisierung als
viel schlimmer beschrieben als das ursprüngliche Angstgefühl.
Bei unverarbeiteter Traumatisierung bleibt das Herz geschockt (es
„verschlägt einem die Sprache“). Die Herzfunktionen Lebensfreude,
Lebensmut und Sprache sind blockiert: „Das Herz ist gebrochen.“ Das
„Herz“ und damit der Geist (Shen) scheinen heil zu werden, wenn die
Patienten ihre Sprache über das Geschehene wiederbekommen. Es
gibt wieder Hoffnung.

Traumatische Fixierung


Abb. 1: Stressverarbeitung eines Traumas. Die fünf Funktionskreise im Reaktionszyklus. Das
„Herz“ ist in jeder Phase betroff en: Bei günstiger Verarbeitung wird es gestärkt, bei Traumaerkrankung
geschwächt, „gebrochen“.

Ärzte und Therapeuten, Schwestern und Sozialarbeiter haben mit den
körperlich-seelischen Folgen von unverarbeiteter Traumatisierung als
schwere, unverarbeitete „Herzverletzungen“ zu tun: Schmerzen, Funktionseinschränkungen,
Mutlosigkeit, Erschöpfung, Depression, Burnout,
Stresserkrankungen mit somatischer Fixierung; Gynäkologen
z. B. mit körperlicher Fixierung auf schmerzende Unterleibsorgane,
Kinderlosigkeit, Verlust oder auch Entwertung von sexueller Lust. Und
in einer Schwangerschaft wird möglicherweise auch die körperlichseelische
Entwicklung eines Fetus von einer traumabedingten körperlichen-
seelischen Störung mit ständiger Angst bei der Mutter – generationsübergreifend
– prägend beeinfl usst.
Akupunktur als möglicher non-verbaler Zugang
Akupunktur scheint immer auf mehreren Ebenen zu wirken: körperlich –
geistig – seelisch. Das NADA-Protokoll benutzt jeweils fünf Punkte an beiden
Ohren (s. Abb. 2). Man kann sie von der TCM-Theorie her den fünf
beschriebenen Funktionskreisen zuordnen. Die Erfahrung zeigt, dass die
Behandlung Patienten nach Stresssituationen ausgeglichener macht, dass
sie Stress besser aushalten können, dass vegetative Störungen abnehmen,
und dass sie off ener werden für Therapie und Rehabilitation („Akupunktur macht Sie stärker, Sie halten mehr aus“). Wir glauben, dass der Erfolg der
„Behandlung nach dem NADA-Protokoll“ in seiner Einfachheit liegt: im
nicht-konfrontativen Behandlungsstil und in der Art, das Problem von
Nähe und Distanz beim therapeutischen Zugang zu Traumaopfern zu lösen.
Nicht der Therapeut ist in diesem System der Heiler, sondern der Patient
mit seinem lebendigen Organismus: Das soll auch die innere Haltung
des Behandelnden sein. Der Patient kann innerhalb weiter Grenzen
selbst die Heilung bewirken, wenn seine Ressourcen gestärkt werden.
Gute Bedingungen für diesen Prozess zu schaff en: Das ist das, was wir
mit Akupunktur versuchen.


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